Nachgedacht im März 2025
Lass dich nicht verhärten - dann wissen sie Bescheid!
Die Welt scheint aus den Fugen. So viele verwirrende Nachrichten: Politisch bei uns und über dem großen Teich, im Nahen Osten und in der Ukraine, um nur ein paar Beispiele zu nennen, die täglich bedrücken. Kriege, Streit, Hass und Durcheinander. Und dazu noch die Horrormeldungen von den Amok-Attentaten in diesen Wochen in verschiedenen deutschen Städten. Ich kann alle verstehen, denen da der Kopf dröhnt, der Boden unter den Füßen zu schwinden scheint und sich ein ganz unangenehmes Gefühl in Bauch, Magen und Herz einstellt. Aber wie können wir damit umgehen?
Mir ist in diesen Tagen ein altes Lied von Wolf Biermann begegnet, das gut in diese Zeit passt. Die jüngeren unter Ihnen werden Wolf Biermann vielleicht gar nicht kennen. Er wird in diesem Jahr 89. Die älteren haben vielleicht noch ein bestimmtes Bild von ihm - dem Liedermachen und DDR-Dissidenten. Ich kenne nur wenige Lieder von ihm. Für mich waren andere Liedermacher prägend. Ein Lied von ihm ist mir aber gerade in diesen Tagen wieder begegnet, das mich dann doch angesprochen hat: Es heißt: „Ermutigung“. Die erste Strophe schon spricht es aus: „Du, lass dich nicht verhärten - In dieser harten Zeit - Die allzu hart sind, brechen - Die allzu spitz sind, stechen - Und brechen ab sogleich“. Und so geht es weiter in den folgenden Strophen, wo Biermann auffordert, sich nicht verbittern zu lassen, sich nicht erschrecken zu lassen, sich nicht verbrauchen zu lassen.“ Klar, schöne Worte, schöne Forderungen; aber helfen die wirklich?
Ich finde, das Lied passt gut zur Fastenzeit, die gerade begonnen hat. Fastenzeit meint ja nicht in erster Linie, nur einfach auf etwas Essen, was Süßes oder das Rauchen und Alkohol zu verzichten. Fasten oder eine Art mentales Fasten meint mehr, nämlich zu besonderen Zeiten das Leben in den Blick zu nehmen, dort wo es nicht passt, einen Neustart zu wagen, Kraft zu schöpfen, um den Herausforderungen wieder neu gewachsen zu sein und nicht zu verhärten oder gar zu brechen.
Ja, es ist heute eine besondere Herausforderung, in all den geschilderten Ereignissen und Erfahrungen. Denn da sind Reaktionen wie Wut, Entsetzen, Ärger, Trauer völlig menschlich, vielleicht sogar auch die Resignation. Aber was ist dann? – einfach aufgeben, alles ignorieren? Da kommt mir wieder das Lied von Wolf Biermann in den Sinn. Denn nicht verhärten, verbittern, erschrecken, sich verbrauchen lassen - denn das schadet letztlich vor allem sich selbst. Stattdessen das Hoffen nicht vergessen - trotz aller Rückschläge und Verwirrungen. Die letzte Strophe endet mit einem Ausblick: „Das Grün bricht aus den Zweigen, wir wollen das allen zeigen, dann wissen sie Bescheid.“ Klingt kitschig? Aber schon ein Blick aus dem Fenster zeigt ja den Beweis: Der Frühling ist da: Ein Neuanfang ist im vollen Gange nach dem harten, starren Winter. Nicht das Verhärtete siegt, das Verbitterte, Erschreckte, Verbrauchte, sondern das Neue, das Aufblühende, das lebendige Leben.
Das, was jedes Jahr augenscheinlich in der Natur bestätigt wird, kann ich für mich zum Sinnbild nehmen und mich erinnern und berühren lassen- und diese Zuversicht mit allen teilen: mit denen, die mir am Herzen liegen; denen, mit denen ich zusammenarbeite; mit denen, für die ich täglich im Dienst bin. Gemeinsam lassen wir uns nicht verhärten, verbittern, erschrecken, verbrauchen: Gemeinsam sorgen wir dafür, dass die Hoffnung bleibt - und gewinnt. Wem möchten Sie Mut zusprechen? Wer braucht Ihre Mit-Fühlen und Ihre Zuversicht? Wo lohnt es, für andere und für sich selbst am Ball zu bleiben - und gerade in dieser besonderen Zeit umso mehr? Vielleicht erzählen Sie davon! So, wie es in der letzten Strophe des Liedes von Wolf Biermann heißt:
„Wir woll'n es nicht verschweigen - In dieser Schweigezeit: Das Grün bricht aus den Zweigen; Wir woll'n das allen zeigen; Dann wissen sie Bescheid - Dann wissen sie Bescheid!“
In dieser Zuversicht wünsche ich Ihnen eine gute Fastenzeit mit der Vorfreude auf ein blühendes, lebendiges Ostern!