Nachgedacht im März 2023 (aus aktuellem Anlass bereits am 17.2.)

Da waren sie wieder, die „tollen Tage“ und viele haben sich darauf gefreut, ausgelassen durch die Straßen und um die Häuser zu ziehen – endlich nach 2 Jahren Pandemie! Und sind die Tage vor der Fastenzeit nicht dazu gedacht, noch mal „richtig die Sau raus zu lassen“, bevor nach christlicher Tradition die 40 Tage des Verzichts anstehen? Ja, schon - aber leider verstehen viele den Satz allzu wörtlich und feiern völlig hemmungslos und sehen dabei nicht mehr den anderen und schlagen allzu oft weit über die Stränge.

So feiert immer öfter das Entsetzen mit, wie zuletzt nach den Ereignisse der Berliner Silvesternacht. Die diesjährigen Kampagne traf dann Rheinland-Pfalz in besonderer Weise: Mit Bestürzung habe ich am Freitag nach Weiberfastnacht in den Nachrichten gehört, dass in Trier fünf Kolleginnen und Kollegen massiv körperlich angegriffen und verletzt wurden! Das, was da und anderswo geschehen ist, hat ein Dimension erreicht, die ich mir vor kurzen noch kaum vorstellen konnte – oder wollte?    

Die Ereignissen in Trier, Berlin aber auch in Kusel haben eine neue Dimension aufgezeigt, die mir als Folge der grundsätzlich Zunahme von Gewalt erscheint. Bereits 2016 sah sich mein Kollege Pfr. Hermann Josef Zorn, der damals als Polizeiseelsorger im Bereich der PD Worms tätige war, nach ausschweifenden Fastnachtsfeiern in Rheinhessen zu einen öffentlichen Appell veranlasst. So schrieb er in der Rubrik ‚AUF EIN WORT‘ (AZ Mainz vom 9.1.2016) zum Thema ‚Angstfrei feiern‘: „Eine befriedende Wirkung entfaltet sich nur, wenn sie in den Köpfen und Herzen aller Beteiligten angekommen ist und mitgetragen wird. Das freilich steht und fällt mit den Werten und ethischen Normen, von denen sich Menschen leiten lassen – bewusst oder unbewusst. (…) Als christlicher Seelsorger will ich an einige davon erinnern: Wir feiern Feste so, dass alle Beteiligten ohne Angst mitfeiern können. (…) Wir respektieren die Würde und Unverletzlichkeit jedes Menschen. Auch in einer Gruppe und auch im Vollrausch bin ich Verursacher meines Handelns und dafür verantwortlich. Wir respektieren Gesetze, insbesondere das Jugendschutzgesetz. Diensthabende Damen und Herren kommunaler Ämter, von Rettungsdiensten, Feuerwehr, Polizei und Notfallseelsorge betrachten wir als Partner für unsere Sicherheit.“          

Das alles macht mich nachdenklich. Und es bleibt mir zu hoffen, dass ein Umdenken beginnt und wir alle weiterhin fröhlich und entspannt und angstfrei feiern können. Aber auch die Frage, was ich, was jede und jeder Einzelne, tun kann. Und so möchte ich mit weitern Worten von Pfr. Zorn enden: „Bitte tragen Sie diese Werte mit und vertreten Sie im Gespräch, besonders in der Erziehung Ihrer Kinder. Dann können wir Fastnacht fröhlich, entspannt und angstfrei feiern.“

Markus Reuter
Polizeiseelsorger

Den vollständigen Text „AUF EIN WORT“ und die öffentliche Erklärung des ökumenischen Pfarrteams Dienheim-Guntersblum finden Sie auf der Internetseite des Bistums Mainz:
www.bistum-mainz.de/polizeiseelsorge unter: Aktuelles > Nachrichten

Autor: Markus Reuter

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